Als das Wasser kam 1943

17. Mai 1943 das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: „Schwache britische Fliegerkräfte drangen in der vergangenen Nacht in das Reichsgebiet ein und warfen über einigen Orten eine geringe Zahl von Sprengbomben. Dabei wurden zwei Talsperren beschädigt und durch den eintretenden Wassersturz schwere Verluste unter der Zivilbevölkerung hervorgerufen. Acht der angreifenden Flugzeuge wurden abgeschossen, neun weitere feindliche Flugzeuge über den besetzten Westgebieten vernichtet, darunter eins durch Truppen des Heeres“.

Ein in den Kriegsjahren fast alltäglicher OKW Bericht. Doch gingen diesem Angriff eine umfassende Vorbereitung auf Seiten der Royal Air Force voraus. Die Squadron 617 der RAF und deren Flugzeugführer mit ihren 18 Lancaster – Maschinen, warfen zu Übungszwecken in wenigen Wochen 2500 Bomben aus 46 m und später aus 18 m ab. Ziel war es deutsche Talsperren zu zerstören, sie waren in den Augen der RAF der Strom und Wasserversorger für das gesamte Ruhrgebiet. Die Lahmlegung und Zerstörung der Sperre musste also einen vernichtenden Schlag gegen die deutsche Waffenschmiede im Ruhrgebiet gleichkommen. Die Bombenangriffe auf Sorpe, Eder – und Möhnetalsperre waren erfolgreich, doch es wurden dadurch nicht die erhofften wirtschaftlichen Schäden verursacht, sondern nur Tod und Leid für die Zivilbevölkerung. Neben der Zerstörung von Wohn- und Industrieanlagen entlang der Ruhr, wurden im Amtsgebiet Fröndenberg und Dellwig insgesamt 302 Leichen angeschwemmt. Darunter waren 48 Kinder und 24 Ausländer. Neben dem Gebäude der Fröndenberger Kläranlagen, befanden sich zwei Baracken, eine belegt mit Arbeitern aus Rußland, die andere mit französischen Zivilarbeitern. Erstere wurde gegen 3 Uhr in der Nacht, beim jähen Aufprall der Fluten fortgerissen und viele der Bewohner starben den kalten Tod.

Nach dem Bericht des Gemeindebürgermeisters Dr. Hager hat her Dr. Thomas, Arzt, um 00.45 Uhr einen Anruf bekommen, es wäre ein Unglück geschehen. Dieser Warnanruf ist von einer Polizeidienststelle in Arnsberg erfolgt mit der Bitte, den leitenden Beamten der Post in Langschede in Kenntnis zu setzen, was auch geschehen ist. Von der Art des Unglücks ist nichts durchgesagt worden. Der Eintritt des Hochwassers erfolgte um 3.15 Uhr. Der Höchststand wurde um 3.45 Uhr erreicht. Derselbe dauerte etwa eine halbe Stunde und um 8.00 Uhr konnten die Straßen wieder begangen werden. Allein in Langschede waren von der Flut 336 Einwohner aus 90 Haushalten betroffen. Unmittelbar mit fallenden Pegelständen, setzten unter Hinzuziehung auswärtiger Hilfstruppen die Aufräumarbeiten ein. In den ersten Tagen wurde für die Betroffenen eine Gemeinschaftsverpflegung organisiert und die Schäden aufgenommen.

Wenige Tage nach der Flut war der Möhnedamm eine riesige Baustelle. Rund 4000 Männer der Organisation Todt waren vom Atlantikwall abgezogen und hier eingesetzt worden, darunter Spezialisten aus Italien und Kärnten, die im Umgang mit schweren Bruchsteinen erfahren waren. Nach Vorbereitungsarbeiten wurde Anfang Juli 1943 mit dem Wiederaufbau der 35 m hohen Mauer begonnen.

Von der Mühle zur Schmiede 1891

Eine Brücke über die Ruhr, eine Mühle und ein Kornmarkt – dies kennzeichnete Jahrhundertelang den Ort Langschede. Die Ruhr trennte hier die alte Grafschaft Mark vom kurkölnischen Westfalen. Von der ersten Erwähnung um 1250 bis zum großen Brand 1709 ging das Leben seinen gewohnten Gang. Langschede, zwischen den Regionen Sauerland und Hellweg gelegen hatte 1777 nur 137 Einwohner, darunter zwei Schmiede, fünf Schuhmacher, vier Zimmerleute, zehn Tagelöhner, drei Marktbeamte, einen Kaufmann, einen Wirt und nur einen Bauern. Aus alten Tagen hatte auch die Wassermühle als größte Bannmühle mit 3630 Mahlgenossen, in der Grafschaft Mark überregionale Bedeutung. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts in Betrieb wurde sie Ausgangspunkt des Werkes Langschede der Thyssen Umformtechnik. Als Vorboten der Industrialisierung waren im Fröndenberger Raum im 19.Jh. Kettenschmieden in Betrieb, eine von ihnen auf dem Gelände des späteren Thyssen Werks. Der Bau der Ruhrtaleisenbahn von Arnsberg nach Schwerte gab Langschede 1870 eine neue günstige Verkehrsanbindung. Sowohl die günstigen Verkehrswege als auch die Wasserkraft werden den Ingenieur Ernst Hartmann bewogen haben, das Mühlengelände mit Staurecht zu erwerben. Sein Antrag vom Juni 1890 beinhaltet den Bau einer 165 PS starken Combinationsturbine, die gleich hinter dem vorgefundenen Wasserrechen eingebaut wurde. Sie muss neben der Mühle auch das Walzwerk mit Betriebskraft versehen. Zwei Blechstraßen sollen in Gang gebracht werden können. Das Walzwerk wird mit einem Schweißofen, vier Glutöfen, zwei Scheren und einer Rauchesse ausgestattet. Das war das Startsignal zu einem Werk, dessen spätere Größe und Bedeutung zu diesem Zeitpunkt noch niemand erahnen konnte. Die Inbetriebnahme der Anlage erfolgte am 20. Oktober 1891 unter dem Firmennamen Hartmann und Wanke. Mit der neuen Turbine wurde mehr elektrische Energie erzeugt als benötigt. So kam es, dass der überschüssige Strom für elektrisches Licht in Langscheder Häuser geleitet wurde. Ein Novum zu der damaligen Zeit. Die Umwandlung in eine AG im Jahre 1899 ermöglichte die Zusammenarbeit mit der Rothenfelder Blechwarenfabrik. Die ungünstigen Produktionsbedingungen in Bad Rothenfelde bedingten schließlich eine Verlagerung nach Langschede. Nach dem 1. Weltkrieg nahm die Firma die Produktion von Fässern auf. Die Folge des Krieges mit Rohstoffmangel, Rezession und Inflation gingen auch am Werk Langschede nicht spurlos vorüber. Im Jahre 1923 wurde das Langscheder Walzwerk und Verzinkerei AG durch die Wolf Netter und Jacobi AG gekauft. Das Walzwerk wurde 1925 stillgelegt und in erster Linie Eiserne Fässer und Trommeln hergestellt. Dazu kamen noch Blecharbeiten und Eisenkonstruktionen aller Art. Im Jahre 1938 schließlich wurden die Werke von den Mannesmann Röhrenwerke übernommen. Im Juli 1939 hatte Werk 1 eine Fläche von 6400 m/2 und Werk 2 ca. 6900 m/2. Nach Beendigung des 2. Weltkriegs wurde unter Beibehaltung einer gedrosselten Fertigung der bisherigen Artikel die Fabrikation landwirtschaftlicher Geräte wie Jauchefässer, Futterkippendämpfer, Ackerwalzen und Wannen aufgenommen. In der 50er Jahren wurde das Werk stetig erweitert und Stahlflaschen und Lagertanks gebaut. Ab 1966 wurden auch ISO – NORM Container hergestellt. Die zeitweise fast 1000 Beschäftigten begründeten eigene Siedlungen wie rund um die Sonnenbergschule und entlang der Gartenstraße. Nach Aufgabe des Produktionsstandortes Anfang der 90er Jahre haben sich viele kleine und mittlere Betriebe auf dem ehemaligen Thyssengelände angesiedelt.

Wasserwerk Langschede 1886

Schon Ende des 19. Jahrhunderts gewann die Ruhr hohe Bedeutung für die Trinkwasserversorgung. Die durch die Industrialisierung sprunghaft gewachsene Bevölkerung musste versorgt werden. Das alte Versorgungssystem mit Grundwasserbrunnen und Quellen reichte nicht mehr aus, zumal viele Brunnen durch den Bergbau versiegt waren. So wurden die Ruhr zur Lebensader des Reviers.

Die Stadtwerke Fröndenberg versorgen heute acht Ortsteile mit dem benötigten Trinkwasser, doch der Fröndenberger Westen einschließlich Frömern wird von der Gelsenwasser AG beliefert.

Diese Zweiteilung führt auf den Industriellen Friedrich Grillo zurück. Er begann mit dem Bau eines Wasserwerkes in Langschede 1886, da hier in der Talaue der Ruhr das notwendige Wasser gefördert werden konnte das zur Versorgung der Stadt Unna, der von ihm gegründeten „ Aktiengesellschaft für Bergbau, Salinen – und Solbadbetrieb , Königsborn“ und einiger Zechen dienen sollte.

Das im Jahr 1888 fertiggestellte Wasserwerk versorgte die Langscheder jahrelang besonders preisgünstig mit Trinkwasser und ist eines der drei von ihm gegründeten Wasserwerke die später in die Gelsenwasser AG aufgingen. Das Wasserwerk Langschede sicherte über achtzig Jahre zuverlässig die Trinkwasserversorgung ehe die Gelsenwasser im Jahre 1967 jenseits der Ruhr auf Halinger Gebiet ein neues Wasserwerk errichtete.

Schule Langschede 1899

Nach jahrelangen Streitigkeiten zwischen den Dörfern Langschede und Ardey um den Standort des neuen Schulgebäudes wurde in Langschede ein Schulhaus gebaut und mit dem Unterricht am 01. April 1899 begonnen. Vorläufer war die etwa 1732 gegründete Kirchspielschule, an der der Organist Johann Dietrich Nölle die Schüler aus Langschede und Ardey unterrichtete. Als er Ende April 1758 starb, wurde sein gleichnamiger, 1732 geborener Sohn zum Nachfolger ernannt, zunächst für zwei Jahre. Die Berufungsurkunde vom 23. Juli 1758 bestimmte hinsichtlich seines Privatlebens, dass er nicht „ eigenmächtig auf Hoch -zeiten und noch weniger auf Sonn – und Feiertagen in Wirthshäusern sich aufhalte oder spiele“. Da auch „ durch unanständige Verheyrathung der Gemeinde Ärgernis könne zugefügt werden“ war ihm nicht erlaubt, ohne vorherige Einwilligung der beiden Dellwiger Geistlichen die Ehe einzugehen. Laut einem amtlichen Bericht aus dem Jahre 1798 unterrichtete Nölle damals etwa 50 Schüler; in seiner Beurteilung heißt es, „ über ihn wird nicht geklagt“ – ein nicht eben üppiges Lob. Im Herbst 1807 betrug die Zahl der schulfähigen Kinder in Langschede / Ardey 58, von denen jedoch nur 37 – 17 Jungen und 20 Mädchen – die Schule besuchten, von diesen nahm lediglich ein drittel regelmäßig am Unterricht teil, die übrigen kamen höchstens einige Wochen im Winter.

Der Lehrer, Friedrich Feldmann, hatte von 1893 bis 1897 in Dellwig und danach zwei Jahre lang in Ostende (Hagen) unterrichtet. Über ihn heißt es in einem Revisionsbericht vom 6. Mai 1901,er sei :

wohlbegabt und (ein) fleißiger Lehrer. Er hat jedoch einige Male zurechtgewiesen werden müssen, weil er bis in die Nacht hinein im Wirthshause gesessen hatte und im angetrunken Zustande auf der Straße gesehen worde“ sei. In einem Revisionsbericht vom 6. November 1901 ist die Rede davon, Feldmann habe eine „allzugroße Vorliebe für die zahlreichen Wirthshäuser Langschedes“ entwickelt; man werde ihn, wenn er seine Gewohnheiten nicht ändere, „ der Versuchung seines jetzigen Wirkungskreises entrücken“.

Der Ortsschulinspektor Bornscheuer schrieb am 1. März 1902, es wäre besser für Feldmann, wenn er eine andere Stelle bekäme, nach der er eine andere Stelle bekäme, nach der er sich selbst schon umgesehen habe, „ da die Versuchung zum Wirthshausbesuch für ihn in Langschede, wo er mit seinen früheren Zeitgenossen täglich in Berührung kommt, groß ist“.

Feldmann erhielt zum 15. April 1903 eine Anstellung in Nächstebreck ( Wuppertal). Sein Nachfolger wurde der aus Kurtenbach ( Oberbergischer Kreis) gebürtige, im Seminar Neuwied ausgebildete und bisher in Gevelsberg – Ufer tätige Otto Stiefelhagen.

Die Mühle in Langschede 1461

Die landesherrliche Mühle zu Langschede, die der Graf von der Mark etwa im Jahre 1461 ausdrücklich „unsere Mühle“ zu Langhenschede nannte, erreichte zeitweilig eine beachtliche Bedeutung und konnte alle anderen Mühlen in der Umgebung übertreffen. Der Mühlenbann den die brandenburgische Regierung nach dem 30 jährigen Krieg verhängte, verhalf ihr zu einem rasanten Aufschwung. Der Mühlenbann zwang die Bauern zur Anlieferung und schädigte die Privatmühlen die erheblichen aber letztendlich vergeblichen Widerstand gegen die Anordnung leisteten. Die Mühle hatte bereits nach dem Lagerbuch von 1690 den Mahlzwang von 187 Höfe und Kotten in fünf verschiedenen Kirchspielen. In neue Bahnen wurde das Mühlwesen erst 1738 geleitet, als der Preußische König den Königsberger Kriegs – und Domänenrat Staffelstein nach der Mark sandte und ihm mit dem Geschäft betraute. Die Langscheder Mühle hatte mit 3630 Mahlgenossen die größte Auslastung in der ganzen Grafschaft Mark. Die Mühle war Dank ihrer Konstruktion als unterschlächtige Mühle deren Wasserrad vorwiegend durch die Flussströmung angetrieben wird und ihren drei Mahlgängen besonders Leistungsfähig. Als Vergütung erhielt der Müller in der Grafschaft Mark in der Regel einen Anteil von 5 % vom Getreide. Für die Instandhaltung der Mühle waren alle Eingesessenen des Kirchspiels verpflichtet, was nicht immer zur Begeisterung beitrug. Im Jahre 1805 übernahm Johann Heinrich Schoppe aus Hemmerde die Mühle in Erbpacht und musste neben allen Verpflichtungen 2823 Taler Kaution stellen. Nach einem Rechtsstreit mit dem Fiskus erhielten Schoppes die Mühle 1851 als Eigentum das sie 1852 schon wieder verkaufen wollten, da sich der Betrieb nach dem Bau einer Dampfmühle in Langschede nicht mehr lohne. Ende des 19. Jh. wurde die Wassermühle abgerissen.

Langschede 1348

Die günstige Lage im Ruhrtal am Übergang von der Grafschaft Mark zum kölnischen Herzogtum Westfalen und zur Grafschaft Limburg, wo eine alte Straße vom Hellweg ins Sauerland den Fluss kreuzt, gilt als älteste Einwohnerin Ida von Lanhenscede. Zumindest wurde sie in einer Oelinghauser Urkunde des ausgehenden 13. Jahrhunderts in dieser so vermerkt. Sicherer gehen wir jedoch bei dem in einer Werdener Urkunde vom 7. Dezember 1348 genannten Inhaber des Werdener Hofes zu Langschede „Hugo de Langenscheyde“und seiner Frau „ Felicitas“. Zeitlich nicht genauer zu bestimmen sind die Namen der Hofesinhaber, die in einer Werdener „ Rotula mansorum in Oldendorp“ genannt sind. Zwar stammt die Heberolle aus dem 2. Drittel des 14. Jahrhunderts, doch sind die Namen später ergänzt und hinzugesetzt worden.Zur Sicherung ihrer Landeshoheit und zum Schutz des Ruhrübergangs hatten die märkischen Grafen hier ein festes Haus errichtet, das 1397 an Dietrich von dem Stade übertragen wurde. Seitdem hatten hier durchgängig adelige Geschlechter das Amt der Burgmannen inne, bis 1521 der Turm zu Langschede der Sorge des Unnaer Amtsfronen anvertraut wurde; noch 1705 sollte er in Verteidigungszustand gesetzt werden. Daneben war Langschede die Dingstätte des aus dem alten Mendener Gerichtssprengel gelösten Gogerichts zwischen Ruhr und Haar; auch ein Freistuhl der Limburger Grafschaft ist hier bezeugt.

Die Poststelle in Langschede 1862

Das Postwesen der Grafschaft Mark war im ausgehenden 18. Jahrhundert noch weitestgehend unterentwickelt. Der Einsatz von Boten war geprägt von Hindernissen der Kleinstaaterei , verschiedenen Verordnungen und schlechten Wegen. Das unter französischer Besatzung stehende Herzogtum Berg, zu dem auch Fröndenberg und Neuenrade gehörte, erließ 1808 die „ Bergische Postordnung“ um ein einheitliches Postwesen zu schaffen. Die Postanstalten wurden in Postämter und Postexpeditionen unterteilt. Eine wesentliche Vereinheitlichung fand aber erst mit der Auflösung des Großherzogtum Berg im Jahre 1813 und der Übernahme des Postwesens durch Preußen statt. Es wurde eine Flut an Postgesetze erlassen und neue Postkurse erschlossen. Die Aufstellung von Briefkästen, die Einführung der Briefmarke und die Zustellung durch Briefträger, waren wichtige Schritte für die Entwicklung des Postwesens .

Langschede seit dem Mittelalter einer der größten Kornumschlagplätze in der Grafschaft Mark, bekam seiner Bedeutung angemessen am 01.03.1862 eine Postexpedition. Drei Jahre später, am 16. April 1865, erhielt Fröndenberg seine Postexpedition II. Klasse und diese war bis 1888 im Amtshaus verortet. Am 1. Oktober 1864 wurde eine dreimal tägliche Personenpost zwischen Menden und Unna eingerichtet. Die Ruhrbrücke war seit 1770, nach einem dreiviertel Jahrhundert wieder hergestellt worden. Weiterhin gab es eine tägliche Personenpost zwischen Iserlohn und Unna. Nach der Inbetriebnahme der Ruhrtalbahn Schwerte – Arnsberg am 27. Mai 1870 fielen die Posten Arnsberg – Iserlohn und Unna – Menden weg.

Die Poststube in Langschede war von 1862 bis zum Jahre 1888 in dem ehemaligen Gasthaus Bothe untergebracht. Nach Abbruch des Hauses wurde der Dienstraum in das Haus Fels am Bahnhof verlegt, wo sie bis zum Jahre 1891 verblieb. Am 1. April 1891 wurde von dem Bauunternehmer Voß in Dellwig im Ohl ein Gebäude nur für Zwecke des Postdienstes errichtet. Genau dreizehn Jahre später im Jahre 1904 wurde die Poststelle in ein bundeseigene Gebäude neben dem Feuerwehrgerätehaus verlegt.

Die Oberpostdirektion teilte Langschede die Ortschaften : Ardey – West, Strickherdicke, Klus, Billmerich, Altendorf, Dellwig, Landwehr, Auf der Höhe, Dahlhausen, Halingen, Drüpplingsen, Eichelberg, Gerkendahl, Alt – Gruland, Lenninghausen, Bertingloh, Ostardey und Wilhelmshöhe, zu.

Einen erheblichen Anteil an der Zunahme des Postverkehrs hatte die Feldpost. Eine verbesserte Schulausbildung und eine Reorganisation der Feldpost ermöglichte der im Felde stehenden Soldaten, die Verbindung mit der Heimat zu halten. Wurden im preußisch-österreichischen Krieg von 1866 noch 30000 Feldpostbriefe befördert, waren es im deutsch-französischen Krieg von 1870/71 schon 90 Millionen Briefe und 2 Millionen Pakete. Die Feldpost wurde die bedeutendste Vermittlerin der Kommunikation zwischen den Menschen auch im Ersten Weltkrieg. Die Organisation des Postverkehrs der 14 Millionen Soldaten und ihren Angehörigen in Deutschland, stellt die Institution vor enorme logistische Herausforderungen. Zu bewältigen war der Transport und die Verteilung von 28,5 Milliarden Sendungen zwischen der Heimat und den verschiedenen Einheiten.

Langschede, das im Jahre 1876 bereits größenmäßig zu den Postanstalten der Gruppe III zählte, wurde im Jahre 1930 Postagentur und im Jahre 1931 in ein Zweigpostamt umgewandelt und dem Leitpostamt Fröndenberg unterstellt.

Am 16. Mai 1880 wurde in Langschede der Telegraphenbetrieb aufgenommen. Mittels Leitung 800 war der Ort mit Dortmund verbunden. Bis zum Jahre 1905 hatte das Postamt Langschede weder einen öffentlichen noch einen dienstlichen Fernsprechapparat. Seine Orts – Fernsprech – Vermittlungsstelle wurde im Jahre 1906 eingerichtet. Im Verzeichnis der Teilnehmer an den Fernsprechnetzen aus dem Jahre 1918 hat das Langscheder Walzwerk die Rufnummer 1 und es sind ca. 100 Fernsprechanschlüsse im Bereich des Postamtes Langschede vergeben. In einer Anweisung zur Benutzung der Fernsprechanschlüsse heißt es unter anderem: Anrufen des Amts: „ Durch Abnehmen des Hörers sonst durch langsames Drehen der Kurbel. Mehrmaliges schnelles Drehen kann zu Beschädigungen des Beamten und zu Ersatzansprüchen führen.“ Nachdem der Anrufer deutlich die Teilnehmernummer genannt hat z.B. vom Ardeyer Gemeindevorsteher Lessing mit der Nummer 52, wurde die Verbindung durch den Postbeamten hergestellt. Pausen waren während der Unterredung tunlichst zu vermeiden. Nach Beendigung des Gesprächs mussten beide Teilnehmer ihren Fernhörer an den beweglichen Haken hängen. Bei Gewitter wurden keine Gesprächs-verbindungen hergestellt. Im Jahre 1930 wurde mit dem Ausbau des Amtes zum Selbstanschlußamt begonnen und nach einem Jahr abgeschlossen.

Mit der Umstellung übernahm auch Wilhelm Heumann als Postverwalter die Dienststelle von seinem Vorgänger Eduard Podszus sowie dessen Dienstwohnung in der Bahnhofstraße 1. Ihm zur Seite standen die beiden erfahrenen Postschaffner Heinrich Dittmann und Heinrich Heumann, der Telegrafenarbeiter Adolf Graf und der Oberpostschreiber Friedrich Sander.

Ab diesem Zeitpunkt bis zum Jahre 1962 stand Wilhelm Heumann zweiunddreißig Jahre als Betriebsleiter der Poststelle Langschede vor .

Der Marktplatz in Langschede 1718

Das Dorf Langschede bestand noch im Jahre 1750 aus nur etwa 30 Häusern und hatte doch eine überregionale Bedeutung. Der Grund liegt an der landesherrlichen Mühle zu Langschede, die der Graf von der Mark im Jahre 1461 ausdrücklich „ unsere Mühle zu Langhenschede“ nannte. Bis in das beginnende 19. Jahrhundert hinein, galt sie mit ihren drei Mahlgängen und über 3600 Mahlgenossen, als umsatzstärkste in der Grafschaft Mark. Obwohl der Ort in seiner Geschichte niemals befestigt war hat er wohl schon frühzeitig das Marktrecht erhalten. Dieses, auch wenn es nur ein Jahrmarktrecht war, bedeutete vielfach die Vorstufe zur Stadtwerdung.

König Friedrich Wilhelm I. erließ im Jahre 1718 ein Privileg für den Kornmarkt in Langschede. Diese Kornmärkte waren zu jener Zeit das einzige Mittel um den damals häufig schwankenden und zeitweise viel zu hohen Kornpreisen entgegenzutreten. Auch das große und kornreiche Amt Unna konnte nirgends seine Erzeugnisse günstiger absetzen als in Langschede.

Am Anfang des 19. Jahrhunderts war der Marktplatz mit dem immer Dienstags stattfindenden Kornmarkt, an das Amt Fröndenberg übergegangen. Fröndenberg hatte ein großes Interesse an dem Kornmarkt, brachte er doch ca. 100 Taler netto an Standgeldern ein. Doch trug das Amt auch Sorge für den Marktplatz, denn er wurde an den notwendigen Stellen gepflastert und bedingt durch den Bau der Chaussee, mit Flächen der Höfe Middendorf und Meinerzhagen vergrößert.

Im Jahre 1858 wurde der Markt aufgehoben und durch den Regierungspräsidenten für beendet erklärt. Einzig das Jahrmarktfest am zweiten Sonntag im Juli wurde noch viele Jahre weitergeführt.

Bahnhof Langschede 1870

Bereits im Jahre 1849 wurden erste Planungen für eine Ruhr – Eisenbahn der in Teilen identisch mit der „ Oberen Ruhrtalbahn war“, aufgenommen. Doch dauerte es bis zum 1. Juni 1870, bis die 43,2 km lange Strecke von Schwerte nach Arnsberg dem Verkehr übergeben wurde.

Der provisorische Bahnhof Langschede hatte zu diesem Zeitpunkt schon acht Mitarbeiter und ab 1872 auch einen Bahnhofsvorsteher. Das 1880 erstellte zweigeschossige Neurenaissance Bahnhofsgebäude ist im Stile eines italienischen Palazzo erbaut und wird heute als Wohn – und Bürogebäude genutzt. Mit Wirkung vom 1.10.1969 wurde der Bahnhof als selbstständige Dienststelle aufgelöst und dem Bahnhof Fröndenberg angegliedert. Seit dem 29.05.1983 halten in Langschede keine Reisezüge mehr und der Personaltunnel zum Mittelbahnsteig wurde 1984 verfüllt. Seitdem gab es immer wieder Bestrebungen den Bahnhaltepunkt wieder aufzunehmen, so zuletzt vom Langscheder Ratsvertreter Frank Lütkefent.

Arzt Dr Max Rufus 1890

Ähnlich wie in Fröndenberg, allerdings etwas zeitversetzt, verlief die Entwicklung im relativ stark industrialisierten Westen des Amtes. In der dortigen Gemeinde Langschede mit dem wichtigen Ruhrübergang im Verlauf der Provinzialstraße von Unna nach Iserlohn wird erstmals Anfang der 1890er Jahre mit Max Ruhfus (1862 – 1908) ein selbständig praktizierender Mediziner genannt. Da er bereits mit 56 Jahren verstarb, ist anzunehmen, dass er bis zu seinem Tod vor Ort praktizierte. Dem Adressbuch des Kreises Hamm Jahrgang 1895 ist zu entnehmen, dass er vormittags von 8-10 und am Nachmittag von 2-3 Uhr Sprechstunde hielt. Das Gros seiner Arbeitszeit verbrachte er demnach bei Hausbesuchen seiner Patienten im gesamten Kirchspiel Dellwig. Langschede hatte damals 352 Einwohner, deren Zahl bis 1905 auf 488 anwuchs.

Das Kirchspiel Dellwig hatte 1895 knapp 3.000 Einwohner, wobei ein Drittel auf die Bergarbeitergemeinde Billmerich entfiel. 1891 entstand die Keimzelle des späteren Mannesmannwerks und 1892 erhielt 20 Jahre nach Eröffnung der Ruhrtalbahn auch Langschede einen Bahnhof.

Dr. Ruhfus entstammte einer der „vornehmsten Familien“ des Dortmunder Bürgertums, wie Caspar von Romberg die Familie Anfang des 19. Jahrhunderts in seiner Übersicht über die gegenwärtigen Zustände der Grafschaft Mark charakterisierte. Ein Nachkomme der Familie begründete das Druckerei- und Verlagshaus Ruhfus, in dem damals die auflagenstärkste Tageszeitung außerhalb Berlins erschien, der „Dortmunder Generalanzeiger“.

Am 25. März 1862 war der spätere Mediziner in Dinslaken geboren worden als Sohn des Geheimen Justiz- und Obergerichtsrats Heinrich Ludwig Ruhfus und seiner Ehefrau Alwine, geb. Bonhoff. Später verzog die Familie nach Hamm.

Im Mai 1887 immatrikulierte sich Max Ruhfus an der Universität Rostock, nachdem er nach seinem Schulabschluss in Hamm bereits zuvor an den Universitäten in Freiburg, Marburg und München eingeschrieben war. 1892 promovierte er an der Universität Leipzig.

Nach dem Tod der Mutter in Hamm, bzw. nach der Verheiratung seines Sohnes lebte der Vater Heinrich Ludwig Ruhfus bei seinem Sohn in Langschede und verstarb hier am 10. Juni 1903. Laut Sterbeeintrag im Standesamt Dellwig (von 1899 bis 1969 eine eigenständige Dienststelle des Amtes Fröndenberg) wurde er am 29. November 1826 in Dortmund als Sohn des Sanitätsrates Ludwig Ruhfus (1757 – 1834) und dessen Ehefrau Emilie, geb. Potte geboren.

Sein Sohn Max Ruhfus hatte vor dem Fröndenberger Standesbeamten, dem bereits genannten Amtmann Carl Schmitz, am 8. Mai 1893 Maria Böckelmann aus Strickherdicke geheiratet, geboren am 16. November 1872, Tochter des Landwirts Friedrich Böckelmann und seiner Ehefrau Julia, geb. Echtermann. Trauzeugen waren der Bruder des Arztes, Gerichtsassessor Ludwig Ruhfus jun. aus Hamm und der Vater der Braut.

Das Arztehepaar hatte eine Tochter, die am 15. März 1894 in Langschede geboren wurde und 1956 unverheiratet verstarb.

Wahrscheinlich praktizierte nach dem Tod von Dr. Ruhfus zwischen 1908 und 1911 kein Arzt vor Ort, gleichwohl die Einwohnerzahlen stark anstiegen.

Das letzte Adressbuch vor dem 1. Weltkrieg datiert von 1911, das nächste von 1921/22. In Überbrückung dieser Überlieferungslücke konnte auf Basis der Langscheder Schülerverzeichnisse ein weiterer Arzt nachgewiesen werden, der in Langschede wohnte und wahrscheinlich hier auch praktizierte. Es war Dr. med. Hermann Deppe, der am 1.4.1915 seine 1908 in Niederaula/Kreis Hersfeld geborene Tochter Margarete in der Langscheder Volksschule anmeldete. Das Schülerverzeichnis beantwortet natürlich nicht die Frage ab wann und wie lange er vor Ort praktizierte. Familie Deppe wohnte in der Bahnhofstraße 5.

Im Adressbuch des Kreises Unna für die Jahre 1921/22 findet sich für das Kirchspiel Dellwig ein weiterer Mediziner in Langschede. Am Markt Nr. 4 wohnte Dr. med. Karl Specht. Unklar bleibt jedoch, ob er auch vor Ort praktizierte. Im Adressbuch von 1930 ist er nicht mehr aufgeführt. Dr. med. Deppe wird im Adressbuch von 1921 nicht mehr genannt.

Vor Ort und über lange Jahre praktizierte seit Januar 1921 (als Nachfolger von Dr. Deppe?) in Langschede der 1890 in Magdeburg geborene Dr. med. Paul Thomas, verstorben 1949.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es in den zum Stadtgebiet gehörenden weiteren Kirchspielen Frömern und Bausenhagen im hier behandelten Zeitraum keine niedergelassenen Ärzte gab. Die Bevölkerung blieb dort angewiesen auf den Zentralort Fröndenberg oder die Nachbargemeinde Wickede sowie auf die Städte Werl und Unna.