Von der Mühle zur Schmiede 1891

Eine Brücke über die Ruhr, eine Mühle und ein Kornmarkt – dies kennzeichnete Jahrhundertelang den Ort Langschede. Die Ruhr trennte hier die alte Grafschaft Mark vom kurkölnischen Westfalen. Von der ersten Erwähnung um 1250 bis zum großen Brand 1709 ging das Leben seinen gewohnten Gang. Langschede, zwischen den Regionen Sauerland und Hellweg gelegen hatte 1777 nur 137 Einwohner, darunter zwei Schmiede, fünf Schuhmacher, vier Zimmerleute, zehn Tagelöhner, drei Marktbeamte, einen Kaufmann, einen Wirt und nur einen Bauern. Aus alten Tagen hatte auch die Wassermühle als größte Bannmühle mit 3630 Mahlgenossen, in der Grafschaft Mark überregionale Bedeutung. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts in Betrieb wurde sie Ausgangspunkt des Werkes Langschede der Thyssen Umformtechnik. Als Vorboten der Industrialisierung waren im Fröndenberger Raum im 19.Jh. Kettenschmieden in Betrieb, eine von ihnen auf dem Gelände des späteren Thyssen Werks. Der Bau der Ruhrtaleisenbahn von Arnsberg nach Schwerte gab Langschede 1870 eine neue günstige Verkehrsanbindung. Sowohl die günstigen Verkehrswege als auch die Wasserkraft werden den Ingenieur Ernst Hartmann bewogen haben, das Mühlengelände mit Staurecht zu erwerben. Sein Antrag vom Juni 1890 beinhaltet den Bau einer 165 PS starken Combinationsturbine, die gleich hinter dem vorgefundenen Wasserrechen eingebaut wurde. Sie muss neben der Mühle auch das Walzwerk mit Betriebskraft versehen. Zwei Blechstraßen sollen in Gang gebracht werden können. Das Walzwerk wird mit einem Schweißofen, vier Glutöfen, zwei Scheren und einer Rauchesse ausgestattet. Das war das Startsignal zu einem Werk, dessen spätere Größe und Bedeutung zu diesem Zeitpunkt noch niemand erahnen konnte. Die Inbetriebnahme der Anlage erfolgte am 20. Oktober 1891 unter dem Firmennamen Hartmann und Wanke. Mit der neuen Turbine wurde mehr elektrische Energie erzeugt als benötigt. So kam es, dass der überschüssige Strom für elektrisches Licht in Langscheder Häuser geleitet wurde. Ein Novum zu der damaligen Zeit. Die Umwandlung in eine AG im Jahre 1899 ermöglichte die Zusammenarbeit mit der Rothenfelder Blechwarenfabrik. Die ungünstigen Produktionsbedingungen in Bad Rothenfelde bedingten schließlich eine Verlagerung nach Langschede. Nach dem 1. Weltkrieg nahm die Firma die Produktion von Fässern auf. Die Folge des Krieges mit Rohstoffmangel, Rezession und Inflation gingen auch am Werk Langschede nicht spurlos vorüber. Im Jahre 1923 wurde das Langscheder Walzwerk und Verzinkerei AG durch die Wolf Netter und Jacobi AG gekauft. Das Walzwerk wurde 1925 stillgelegt und in erster Linie Eiserne Fässer und Trommeln hergestellt. Dazu kamen noch Blecharbeiten und Eisenkonstruktionen aller Art. Im Jahre 1938 schließlich wurden die Werke von den Mannesmann Röhrenwerke übernommen. Im Juli 1939 hatte Werk 1 eine Fläche von 6400 m/2 und Werk 2 ca. 6900 m/2. Nach Beendigung des 2. Weltkriegs wurde unter Beibehaltung einer gedrosselten Fertigung der bisherigen Artikel die Fabrikation landwirtschaftlicher Geräte wie Jauchefässer, Futterkippendämpfer, Ackerwalzen und Wannen aufgenommen. In der 50er Jahren wurde das Werk stetig erweitert und Stahlflaschen und Lagertanks gebaut. Ab 1966 wurden auch ISO – NORM Container hergestellt. Die zeitweise fast 1000 Beschäftigten begründeten eigene Siedlungen wie rund um die Sonnenbergschule und entlang der Gartenstraße. Nach Aufgabe des Produktionsstandortes Anfang der 90er Jahre haben sich viele kleine und mittlere Betriebe auf dem ehemaligen Thyssengelände angesiedelt.