Arzt Dr Max Rufus 1890

Ähnlich wie in Fröndenberg, allerdings etwas zeitversetzt, verlief die Entwicklung im relativ stark industrialisierten Westen des Amtes. In der dortigen Gemeinde Langschede mit dem wichtigen Ruhrübergang im Verlauf der Provinzialstraße von Unna nach Iserlohn wird erstmals Anfang der 1890er Jahre mit Max Ruhfus (1862 – 1908) ein selbständig praktizierender Mediziner genannt. Da er bereits mit 56 Jahren verstarb, ist anzunehmen, dass er bis zu seinem Tod vor Ort praktizierte. Dem Adressbuch des Kreises Hamm Jahrgang 1895 ist zu entnehmen, dass er vormittags von 8-10 und am Nachmittag von 2-3 Uhr Sprechstunde hielt. Das Gros seiner Arbeitszeit verbrachte er demnach bei Hausbesuchen seiner Patienten im gesamten Kirchspiel Dellwig. Langschede hatte damals 352 Einwohner, deren Zahl bis 1905 auf 488 anwuchs.

Das Kirchspiel Dellwig hatte 1895 knapp 3.000 Einwohner, wobei ein Drittel auf die Bergarbeitergemeinde Billmerich entfiel. 1891 entstand die Keimzelle des späteren Mannesmannwerks und 1892 erhielt 20 Jahre nach Eröffnung der Ruhrtalbahn auch Langschede einen Bahnhof.

Dr. Ruhfus entstammte einer der „vornehmsten Familien“ des Dortmunder Bürgertums, wie Caspar von Romberg die Familie Anfang des 19. Jahrhunderts in seiner Übersicht über die gegenwärtigen Zustände der Grafschaft Mark charakterisierte. Ein Nachkomme der Familie begründete das Druckerei- und Verlagshaus Ruhfus, in dem damals die auflagenstärkste Tageszeitung außerhalb Berlins erschien, der „Dortmunder Generalanzeiger“.

Am 25. März 1862 war der spätere Mediziner in Dinslaken geboren worden als Sohn des Geheimen Justiz- und Obergerichtsrats Heinrich Ludwig Ruhfus und seiner Ehefrau Alwine, geb. Bonhoff. Später verzog die Familie nach Hamm.

Im Mai 1887 immatrikulierte sich Max Ruhfus an der Universität Rostock, nachdem er nach seinem Schulabschluss in Hamm bereits zuvor an den Universitäten in Freiburg, Marburg und München eingeschrieben war. 1892 promovierte er an der Universität Leipzig.

Nach dem Tod der Mutter in Hamm, bzw. nach der Verheiratung seines Sohnes lebte der Vater Heinrich Ludwig Ruhfus bei seinem Sohn in Langschede und verstarb hier am 10. Juni 1903. Laut Sterbeeintrag im Standesamt Dellwig (von 1899 bis 1969 eine eigenständige Dienststelle des Amtes Fröndenberg) wurde er am 29. November 1826 in Dortmund als Sohn des Sanitätsrates Ludwig Ruhfus (1757 – 1834) und dessen Ehefrau Emilie, geb. Potte geboren.

Sein Sohn Max Ruhfus hatte vor dem Fröndenberger Standesbeamten, dem bereits genannten Amtmann Carl Schmitz, am 8. Mai 1893 Maria Böckelmann aus Strickherdicke geheiratet, geboren am 16. November 1872, Tochter des Landwirts Friedrich Böckelmann und seiner Ehefrau Julia, geb. Echtermann. Trauzeugen waren der Bruder des Arztes, Gerichtsassessor Ludwig Ruhfus jun. aus Hamm und der Vater der Braut.

Das Arztehepaar hatte eine Tochter, die am 15. März 1894 in Langschede geboren wurde und 1956 unverheiratet verstarb.

Wahrscheinlich praktizierte nach dem Tod von Dr. Ruhfus zwischen 1908 und 1911 kein Arzt vor Ort, gleichwohl die Einwohnerzahlen stark anstiegen.

Das letzte Adressbuch vor dem 1. Weltkrieg datiert von 1911, das nächste von 1921/22. In Überbrückung dieser Überlieferungslücke konnte auf Basis der Langscheder Schülerverzeichnisse ein weiterer Arzt nachgewiesen werden, der in Langschede wohnte und wahrscheinlich hier auch praktizierte. Es war Dr. med. Hermann Deppe, der am 1.4.1915 seine 1908 in Niederaula/Kreis Hersfeld geborene Tochter Margarete in der Langscheder Volksschule anmeldete. Das Schülerverzeichnis beantwortet natürlich nicht die Frage ab wann und wie lange er vor Ort praktizierte. Familie Deppe wohnte in der Bahnhofstraße 5.

Im Adressbuch des Kreises Unna für die Jahre 1921/22 findet sich für das Kirchspiel Dellwig ein weiterer Mediziner in Langschede. Am Markt Nr. 4 wohnte Dr. med. Karl Specht. Unklar bleibt jedoch, ob er auch vor Ort praktizierte. Im Adressbuch von 1930 ist er nicht mehr aufgeführt. Dr. med. Deppe wird im Adressbuch von 1921 nicht mehr genannt.

Vor Ort und über lange Jahre praktizierte seit Januar 1921 (als Nachfolger von Dr. Deppe?) in Langschede der 1890 in Magdeburg geborene Dr. med. Paul Thomas, verstorben 1949.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es in den zum Stadtgebiet gehörenden weiteren Kirchspielen Frömern und Bausenhagen im hier behandelten Zeitraum keine niedergelassenen Ärzte gab. Die Bevölkerung blieb dort angewiesen auf den Zentralort Fröndenberg oder die Nachbargemeinde Wickede sowie auf die Städte Werl und Unna.