Strickherdicke 1901

Bis um 800 herum führte der Zimmermann auch alle Tischlerarbeiten aus. Erst um diese Zeit erwähnten alte Urkunden den Namen „schreyner“. Anfangs noch eng mit dem Zimmerhandwerk verbunden, spaltete sich zunächst das Gewerbe der Kistler ab. Die ältesten überlieferten Möbel des Mittelalters, wie Betten, Bänke, Truhen als Bestandteile der Wände und fest eingebaute Schrankkasten, sind ihr Werk.
Während in Mittel- und Süddeutschland die Kistler Träger der Entwicklung des Tischlerhandwerks blieben, wuchsen in Norddeutschland die Schnitker (Schnitzler) und Kontor-(Cunthor)macher aus dem Kunstgewerbe hervor. Diese entzogen den Kistlern die feineren Arbeiten, vor allen Dingen die Rahmenkonstruktionen. Neben der zimmermannsmäßigen Arbeit der Kistler tritt also die künstlerische Arbeit der Schnitker und Kontormacher, die in Norddeutschland die Führung an sich rissen. Im 17. Jahrhundert gingen die Kontormacher in den Schnitkern auf, und auch die Kistler sahen sich, der Not gehorchend, gezwungen, in das Amt der Schnitker einzutreten. So war der Zusammenschluss aller Berufszweige der Tischler zum Tischlerhandwerk erfolgt. Die Zimmerleute waren zunächst Zuschauer dieser Entwicklung. Als aber die Tischler in ihr Arbeitsgebiet eingriffen, setzten die Kämpfe um die Zuständigkeit der Arbeit ein. Die vielen Streitfälle gaben Veranlassung, Abgrenzung der Arbeitsgebiete vorzunehmen. So waren zunächst die Handwerksgeräte (Hobel und Leimtopf) äußere Zeichen der Spaltung der Tischler von den Zimmerleuten. Als später der wachsende Wohlstand statt der bis jetzt unbeweglichen beweglichen Möbel verlangte, war das Kennzeichen aller Zimmermannsarbeiten die Unbeweglichkeit, die Verbindung mit Festem, also alle Arbeiten, die den Hausbau unmittelbar betrafen. Ferner gehörte dazu, was mit der Wand fest verbunden war, z.B. Bänke, Verschläge, Türen, Fenster, Fensterläden, Treppen, Geländer usw. Weiter wurde bestimmt, dass die Zimmerleute keine Werkstatt im Hause besitzen durften. Ihre Arbeiten mussten sie auf dem Bauplatze verrichten. Später nahmen die Tischler den Zimmerleuten aber doch die Herstellung der Türen, Fenster, Treppen usw. ab. Es bildete sich der Bautischler heraus. Das Zimmerhandwerk musste sich mit konstruktiven Fachwerkbau, den Dachkonstruktionen und den groben Arbeiten begnügen. Aus dieser Tradition heraus entwickelte sich die Tischlerei Ernst und in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts erbaute Friedrich Ernst das heutige Anwesen an der Unnaer Straße 75. Im Jahre 1901 erwarb Karl Ernst altersbedingt das Anwesen seines Onkels und übte dort den Beruf des Stellmachers aus. Seine erste Rechnung über den Bau einer Schubkarre für genau 6,00 DM schrieb er am 01. Juli 1901. Als sein Sohn Karl Wilhelm Ernst 1953 den Betrieb übernahm führte er zusätzlich zur Stellmacherei auch noch Arbeiten der Tischlerei aus. Ab 1973 übernahm Karl-Heinz Ernst den Betrieb seines Vaters als Tischlerei und übergab 1997 seinem Sohn Matthias Ernst in vierter Generation den Betrieb. Matthias Ernst führt den fast 120 jährigen Familienbetrieb heute als Bau- und Möbeltischlerei weiter. Heute hat der Betrieb acht Beschäftigte und ist anerkannter Ausbildungsbetrieb für das Tischlerhandwerk.