Glocken für Gewehre 1917

Glocken für Gewehre

Gold gab ich für Eisen“ – unter diesem Motto stand seit 1914 die Sammelaktion, in der die Deutschen zur Spende kriegswichtiger Materialien aufgerufen wurden. In den ersten Jahren war es vor allem Schmuck, der in patriotischem Überschwang in den Sammelstellen abgegeben wurde. Zum Dank gab es Ringe aus Eisen, denen das Motto eingraviert worden war. Ab 1916 folgten verstärkt Haushaltsgegenstände wie Zinnkrüge und Messingpfannen. Doch je länger die Materialschlachten des Ersten Weltkriegs andauerten und die britische Blockade Wirkung zeigte, desto stärker gierte die Rüstungsindustrie nach den knapper werdenden Rohstoffen. Schließlich ordnete das Berliner Kriegsministerium im Frühjahr 1917 an, Metall zwangsweise einzuziehen. Im Laufe der Aktion wurde rund die Hälfte aller deutschen Kirchenglocken aus den Türmen abgehängt und eingeschmolzen. Auch Glocken aus Rathäusern oder Schulen verschwanden.

Per Erlass waren alle Kirchengemeinden im Deutschen Reich im Frühjahr zunächst aufgefordert worden, eine Auflistung ihrer Bronze-Glocken bereitzustellen. Je nach kunsthistorischem Wert sollten die Glocken einer von drei Kategorien zugeordnet werden. Glocken der Gruppe A mussten grundsätzlich abgeliefert und „in kürzester Zeit dem Zugriff der Heeresleitung“ überlassen werden, eine Gruppe B mit mäßigem kulturellem und historischem Wert wurde zunächst zurückgestellt, Glocken der Gruppe C galten als geschützt. Außerdem sollte jede Kirche mindestens die kleinste ihrer Glocken behalten dürfen.

Auf dem Dellwiger Kirchplatz sind als Denkmal die Glocken aufgestellt die vorher seit 1922 im Turm waren.  

Der Glockenstuhl stammt aus der Barockzeit. Die Bronzeglocken von 1833 waren im 1. Weltkrieg als Rohstoff für die Rüstungsindustrie abgegeben worden. An ihrer Stelle sind 1920 Eisenhartgussglocken eingebaut worden. Diese wurden sehr groß gemacht, damit eine ausreichende Klangentfaltung erzielt werden konnte. Für den alten Glockenstuhl aber waren diese Glocken zu schwer. 1995 musste zuerst die größte der drei Glocken stillgelegt werden. Es stellte sich dann die Frage, ob mit erheblichem Aufwand der Glockenstuhl verstärkt werden sollte oder ob es nicht auf Dauer besser sei, neue Glocken anzuschaffen. Zu neuen Glocken wurde von sachverständiger Seite geraten. am 24.10. 1996 wurde der Förderverein “Neue Glocken für die Dellwiger Kirche” gegründet. Ein intensives Spendensammeln begann und wurde erfolgreich zu Ende geführt. Weitgehend aus Spenden finanziert wurden im Frühjahr 1999 bei der Glockengießerei Rincker 5 Glocken bestellt,  die mit einem großen Glockenfest am 17. Sept. 1999 in der Gemeinde begrüßt wurden. Mit einem festlichen Gottesdienst am 19. Dez. 1999 wurden sie eingeweiht, dazu erklang zum ersten Mal vom Posaunenchor die von Karl-Heinz Saretzki eigens komponierte Glockenmusik. Sie besteht aus fünf Teilen, in denen jeweils ausgehend vom Glockenton die liturgische Bedeutung interpretiert wird.